DeBiT Projekt

Demenz: Bildung durch Teilhabe (DeBiT):

Leben und Lernen in biografischen Umbruchsituationen

Innovative und explorative Handlungsfelder der Katholischen Erwachsenenbildung zur Förderung von Teilhabe und Lebensqualität dementiell erkrankter Menschen.

Katholische Erwachsenenbildung Hessen –Landesarbeitsgemeinschaft e.V.

Ein Hessen-Campus-Projekt

gefördert aus Mitteln
des Hessischen Kultusministeriums


A. B E D A R F /A U S G A N G S L A G E

Alter, demographische Entwicklung, Demenz und Erwachsenenbildung

Wenn es zentrale Aufgabe von Erwachsenenbildung ist, Teilhabe an und Mitgestaltung von sozialen und gesellschaftlichen Prozessen zu eröffnen, stellen eine steigende Lebenswartung und insbesondere eine Zunahme dementieller Erkrankungen eine besondere Herausforderung dar. Inwieweit kann Erwachsenenbildung einen Beitrag zur Teilhabe dementiell erkrankter Menschen an gesellschaftlichen und sozialen Prozessen eröffnen und Mitgestaltungsmöglichkeiten an ihren jeweiligen Lebensorten ermöglichen? Wenn es Aufgabe von Erwachsenenbildung ist, neue Zielgruppen, Zugangsformen, Bildungsformate und Kooperationsstrukturen zu erschließen, gewinnt der vorliegende Projektansatz seine Legitimation dadurch, dass er dementiell erkrankte Erwachsene durch Erwachsenenbildung Bildungschancen und damit Teilhabe und zusätzliche Lebensqualität eröffnet.

Ausgangslage: Demografische Entwicklung – Zunahme dementieller Erkrankungen

Um die gesellschafts- und bildungspolitische Relevanz sowie das Potential bzw. die Herausforderungen für die Erwachsenenbildung zu veranschaulichen, ist festzuhalten: „Zum Ende des Jahres 2021 lebten in Deutschland fast 1,8 Millionen Menschen mit Demenz. Häufigste Demenzursache ist die Alzheimererkrankung. Im Jahr 2021 sind etwa 440.000 Menschen im Alter 65+ neu an einer Demenz erkrankt. Infolge des demographischen Wandels nimmt die Anzahl der Betroffenen weiter zu. Gelingt kein Durchbruch in Prävention oder Therapie, könnten nach aktuellen Schätzungen in Deutschland im Jahr 2050 bis zu 2,8 Millionen Menschen im Alter 65+ erkrankt sein.“ (Deutsche Gesellschaft für Alzheimer Erkrankungen 2022) Die damit verbundenen gesellschaftlichen und sozialen Dimensionen, sowie der daraus resultierende Umfang des Bedarfs an Teilhabemöglichkeiten und Bildungsbeteiligung veranschaulicht die Herausforderungen und Aufgaben einer gesellschaftsrelevanten Erwachsenenbildung zur Entwicklung und Implementierung von Weiterbildungsangeboten für die betroffenen Erwachsenen sowie an Bildungs- und Qualifikationsprogrammen für Personen die sich im Hinblick auf die Herausforderungen und Anforderungen eines sozialen Umgangs mit der Demenzerkrankung informieren und bilden möchten.

Altersbilder: Kulturelle, gesellschaftliche und soziale Bilder vom Altern mit Demenz

Um den Bildungsbedarf einerseits und die Potentiale (oder Desiderate) der Erwachsenenbildung erfassen und angemessen justieren zu können, ist zu berücksichtigen, dass „die Entwicklung und Verwirklichung der Potenziale des Alters für Wirtschaft und Gesellschaft wie auch der gesellschaftliche und individuelle Umgang mit Grenzen im Alter in erheblichem Maße durch die Wahrnehmung und Deutung des Alters und des Alterns beeinflusst ist“. (9. Altersbericht der Bundesregierung) Die Entwicklung und Implementierung von entsprechenden Bildungsangeboten bedarf daher auch der Ausarbeitung, Reflexion und Integration der gesellschaftlich tradierten, vermittelten und für Bildungsprozesse relevanten Altersbilder. Handlungsleitend ist dabei, dass diese Altersbilder veränderbar und gestaltbar sind. Wenn „Altersbilder (…) individuelle und gesellschaftliche Vorstellungen vom Alter (Zustand des Altseins), vom Altern (Prozess des Älterwerdens) oder von älteren Menschen (die soziale Gruppe älterer Personen)“ sind und diese den gesellschaftlichen Umgang aber auch das Selbstwertgefühl prägen, so umfasst dies nicht nur die Körperlichkeit und die Einstellungen und Werthaltungen zur kognitiven Leistungsfähigkeit, sondern auch die Einstellungen und Haltung zu Sinn, Notwendigkeit und Möglichkeit von Bildungsprozessen im Alter. Dies betrifft insbesondere die eher negativ besetzen Altersbilder zu den Möglichkeiten von Bildungsprozessen bei und mit dementiell erkrankten Erwachsenen. 

Gesellschafts-, sozial- und bildungspolitische Relevanz von Bildungsprozessen bei Menschen mit Demenz

Neben der Relevanz von Altersbildern ist zu erfassen, ob und in welcher Form ältere Menschen an Bildung partizipieren. Dies hängt stark von der Bildungsbiografie, der jeweiligen Lebenssituation des Einzelnen und den Lernzielen ab. (DIE – Teihabe im Alter 2017) Um zu vermeiden, dass vorhandene Bildungsungleichheiten sich bei Erwachsenen mit dementieller Erkrankung aufgrund der Erkrankung nicht noch zusätzlich verstärken, ist die Eröffnung von Teilhabemöglichkeiten und Lebensqualität durch Bildungsprozesse wichtig und bedeutsam

Woman spending time with her elderly mother

B. Z I E L G R U P P E

Demenz: Behandlungs- und Betreuungssituationen und die Potenziale der Erwachsenenbildung.  Medizinische Hintergründe, Krankheitsverlauf und Therapieansätze

Eine genaue Kenntnis der Hintergründe, Zusammenhänge und Wirkungen der Demenzerkrankung, insbesondere der Alzheimer Demenz ist im Hinblick auf die Erfassung der Möglichkeiten und Grenzen der Erwachsenenbildung wichtig, um so die Potentiale einer Beteiligung dementiell erkrankter Erwachsener an Bildungsprozessen einschätzen und beurteilen zu können. Die Erfassung und Bereitstellung für die Realisierung der Projektziele notwendiger Fachinformationen ist Voraussetzung für die erfolgreiche Anlage und Ausrichtung des Projektes. Ziel ist es auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Expertise die Potentiale und Aufgaben der Erwachsenenbildung angemessen und ergebnisorientiert zu erschließen und für die Erwachsenenbildung fachgerecht aufzubereiten und zur Verfügung zu stellen.

Lebenslanges Lernen und Entwicklungspotentiale bei Menschen mit Demenz 

Im Fokus steht dabei insbesondere die Plastizität kognitiver Entwicklungen und die bis ins hohe Alter bestehende Lernfähigkeit, woraus sich die Legitimität der Entwicklung und Etablierung bildungsrelevanter Ansätze zum Lernen im Alter erschließt, die sowohl organisierte Bildungsangebote wie auch informelle Bildungsprozesse umfassen kann. Mit Blick auf das Bildungssubjekt wird von kognitiven, emotionalen, empfindungsbezogenen, sozialkommunikativen und alltagspraktischen Qualitäten ausgegangen. „Jede dieser Qualitäten bildet die Grundlage für den Prozess der Selbstaktualisierung, der verstanden wird als die dem Psychischen innewohnende Tendenz, sich auszudrücken, sich mitzuteilen, sich zu differenzieren. Es wird angenommen, dass diese Tendenz zur Selbstaktualisierung besteht, solange Psychisches existiert. Somit ist auch bei demenzkranken Menschen von der Möglichkeit der Selbstaktualisierung auszugehen. (Andreas Kruse)

Stadienspezische retrogenetische Bildungskonzepte für Menschen mit Demenz

Da eine Demenzerkrankung kein statisches und schon gar nicht ein plötzlich auftretendes akutes Geschehen ist, ist für den hier vorliegenden Bildungsansatz der prozesshafte Verlauf der Demenzerkrankung bedeutsam. Dieser eröffnet für die Erwachsenenbildung Potentiale der prozessfokussierten Begleitung und bildungsgerechten Intervention. Entlang der vier Phasen einer Demenzerkrankung können relevante Orientierungspunkte für gezielte Bildungsangebote im Sinne der Selbstaktualisierung von Demenzerkrankten entwickelt, erprobt und angeboten werden. Ziel des Projektes ist es, entlang der jeweiligen Entwicklungsphasen phasenspezifische Bildungsangebote zu entwickeln, die die Teilnehmenden zur Teilhabe befähigen und auf diese Weise einen wesentlichen Beitrag zur Lebensqualität leisten.

Demenzsensible Bildungszugänge in der Erwachsenenbildung

Teilhabe, Lebensqualität und Selbstaktualisierung sind klassische Zielsetzungen der Erwachsenenbildung. Die mit dem vorliegenden Projektvorhaben beabsichtige Erschließung neuer Zielgruppen ermöglicht die Integration von demenzerkrankten Erwachsenen in die Angebots- und Nachfragestruktur der Erwachsenenbildung.

Geleitet ist das Projekt von dem Impuls und der Verpflichtung nach Möglichkeit keine gesellschaftlich relevante Gruppen von den Angeboten der Erwachsenenbildung auszuschließen. 

Zielgruppen, Potentiale, Ansätze und Zugänge im Rahmen der Erwachsenenbildung 

Dem zur Folge avisiert das Projekt fünf Zielgruppen, die zusammen einen wichtigen Beitrag zum Aufbau und Gelingen des Projektes „Demenz: Bildung durch Teilhabe (DeBiT)“ leisten:

• Dementiell erkrankte Erwachsene in Pflegeheimen

  • Angehörige von dementiell erkrankten Personen
  • Interessierte Öffentlichkeit
  • Haupt- und ehrenamtlich in der Erwachsenenbildung beschäftige Personen
  • Haupt- und ehrenamtlich in der Pflege und Begleitung demenzerkrankter Erwachsener beruflich tätige Personen

Geht es bei den vier letztgenannten Zielgruppen vor allem um die Vermittlung von Information, die Sensibilisierung und den Kompetenzerwerb, finden im Rahmen der Entwicklung, Konzepterstellung, Durchführung und Evaluierung der Bildungsmaßnamen für denmenzerkrankte Erwachsene vor allem die folgenden Bildungsansätze Berücksichtigung:

  • Biographieorientierte Ansätze einer demenzsensiblen Erwachsenenbildung
  • Ressourcenorientierte Ansätze einer demenzsensiblen Erwachsenenbildung
  • Teilhabeorientierte Ansätze einer demenzsensiblen Erwachsenenbildung
  • Lebensqualitätorientierte Ansätze einer demenzsensiblen Erwachsenenbildung
  • Sozialraumorientierte Ansätze einer demenzsensiblen Erwachsenenbildung

 

C. Projektansatz

Zielsetzungen

Ziel des Projektes ist es nicht nur mit dem Thema „Demenz“ ein aktuelles gesellschaftspolitisch relevantes Thema aufzugreifen und darüber im Rahmen von Bildungsveranstaltungen zu informieren, für die sozialen und gesellschaftlichen Herausforderungen zu sensibilisieren  und Diskurse darüber zu eröffnen, sondern darüber hinausgehend dementiell erkrankte Erwachsene als Adressaten von Veranstaltungen der  Erwachsenenbildung zu gewinnen und einzuladen. Geleitet von der Annahme einer  Korrelation von Bildung und Teilhabe ist handlungsleitendes Ziel des Projektes einer gesellschaftlich bedeutsamen Personenkreis Zugänge zu den Ressourcen der Erwachsenenbildung zu eröffnen und die dafür erforderlichen Bedingungen der Möglichkeit auszuloten und entlang von fünf exemplarischen Arbeitsboxen Zugänge und Teilhabemöglichkeiten zu entwickeln und zu erproben.

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